"Nicht alles, was geregelt werden kann, muss auch geregelt werden". - Edmund Stoiber (ehemaliger Ministerpräsident von Bayern (CSU) und 7 Jahre Leiter einer Expertengruppe der EU zum Bürokratieabbau.
Anlässlich der Veröffentlichung der neuen Anlagensatzung im aktuellen Stadtblatt (https://archiv.wittich.de/epapers/2060/2021/1/index-h5.html?page=1#page=10) habe ich mir vorgenommen mal in einer kleinen Reihe die absurdesten Auswüchse kleinstädtischer Spießbürgerlichkeit zu sammeln.
Heute Teil 1: Wie vergraule ich Touristen?
Sogenannte S-Pedalects, also E-Bikes die nicht bei 25 abregeln sind Kraftfahrzeuge (§1 Abs. 2 StVG). In Deutschland sind sie nicht ganz so verbreitet, in anderen Ländern wie der Schweiz aber schon.
Auf dem Viehmarkt in Hammelburg steht eine Ladestation für alle Arten von E-Bikes. Laut Analgensatzung (§2 Abs 2 Punkt 1) ist dort unter andrem des Fahren UND Schieben von Kraftfahrzeugen und das Fahren mit Fahrrädern verboten. Ein Hinweisschild, dass die entsprechende Fläche für den Verkehr freigegeben ist, kann ich Stand heute nicht finden.
Kosten:
30 Euro, bei Wiederholung bis zu 90 Euro. Ein teurer Ladevorgang wenn jemand sein S-Pedalec zur von der Stadt aufgestellten Station schiebt oder sich traut mit einem normalen E-Bike bis vor die Station zu fahren.
Ein Argument, das ich in dem Zusammenhang immer wieder höre ist, dass ja Niemand in einem solchen Fall ein Bußgeld verhängen würde. Das ist aber - und das gilt für alle Beispiele die ich noch nennen werde - ein fragwürdiges Argument. Regeln und Bestimmungen sollen (und müssen schon durch der verfassungsrechtliche Gebot der Bestimmtheit von Gesetzen und Verordnungen [Art. 20. Abs 3 GG, Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, Artikel 103 Abs. 2 GG]) eindeutig sein. Es muss klar geregelt sein was erlaubt ist und wenn es gar nicht anders geht, auch mal was verboten ist. Wenn ich eine Verordnung nicht anwenden will, ist der einfachste Weg sie nicht zu erlassen. Die Anwendung von Verordnungen in den Bereich des Ermessensspielraums derjenigen die sie überwachen zu verschieben untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat. Es kann zur Willkür werden und auf jeden Fall kann es sich wie Willkür anfühlen.
Ein kleiner Hinweis dazu noch. Ein Jahr lang hat sich die Fahrradgruppe des TvDJK, also des größten Vereins der Stadt Hammelburg jeden Mittwoch auf dem Marktplatz zur gemeinsamen Fahrradtour getroffen. Die Idee dahinter war auch, zu zeigen das es diese tolle Gruppe gibt und möglicherweise bei neuen Leuten die das Treffen sehen Interesse zu wecken. Die Mehrheit des Stadtrats findet das mehrheitlich wohl ein sankttionswürdiges Verhalten.
Im Teil 2 dann, warum genau sollen Kinder auf dem Viehmarkt nicht mehr spielen wie bisher?