Parents for Future und Sonntage für Ausweichmöglichkeiten zum Zweitauto

Mehr als 10.000 Autos fahren jeden Tag durch Nüdlingen. Zu den Stoßzeiten ist es selbst für einen sportlichen und vergleichsweise jungen Mann wie mich gar nicht leicht die Straße zu überqueren. Lärm, Feinstaub und Abgase ließen sich mit technischen Maßnahmen vielleicht in den Griff bekommen, die Trennung des Dorfkerns aber nicht.
Die einzige Möglichkeit den Verkehr zuverlässig aus dem Dorf zu bekommen ist eine ziemlich aufwendige und damit teure Umgehungsstraße. Viele Menschen aus Haard und Nüdlingen, vor allem die, die an der vorgeschlagenen Trasse wohnen, wollen ein solches Bauwerk nicht vor ihrer Haustüre.

Für die Menschen in Nüdlingen ist es nicht leicht eine gute Lösung für ein Problem zu finden, welches sie selbst nur zu einem kleinen Teil beeinflussen können. Es war mir eine große Ehre, am letzten Freitag als Moderator einer Informationsveranstaltung in Nüdlingen, soweit es von außen möglich ist dazu beizutragen die Meinungsfindung und Diskussion darüber zu unterstützen. Ich habe mir vor der Veranstaltung versucht keine Meinung zu bilden. Als Moderator empfand ich das als eher hinderlich. Im Nachgang habe ich noch mit vielen Nüdlinger*innen gesprochen. Mittlerweile bin ich der Meinung, dass der Satz eines Teilnehmers es gut auf den Punkt bringt: „Die Umgehungsstraße ist eine schlechte Lösung, aber die Einzige die funktioniert“.

Wenn wir abstrakt von der Verkehrswende sprechen, dann sprechen wir eben auch um Probleme wie in Nüdlingen. Für 10.000 und mehr Autos gibt es keine gute Lösung. Auch sie mit Elektromotoren auszustatten löst nicht alle Probleme. Auch ein guter ÖPNV nicht. Auch Busse und Bahnen brauchen Platz, verursachen Lärm und können Unfälle bauen. Mobilität ist wichtig und muss für jeden bezahlbar und erreichbar sein. Sie sollte aber kein Selbstzweck sein. Daher war ich auch schon immer dagegen ÖPNV komplett kostenlos anzubieten. Wir sollten versuchen eine gute Sozialpolitik zu machen und eine gute Verkehrspolitik. Dann brauchen wir beides auch nicht zu vermischen. Ich möchte eine Sozialpolitik in der jeder Mensch genug Geld hat um sich Mobilität leisten zu können, wenn er oder sie es denn möchte. Ich möchte eine Verkehrspolitik die flächendeckende Angebote bietet, aber auch Anreize zur Verkehrsvermeidung schafft.

Wer an einem Sonntag um 13:00 Uhr einen Termin in Nüdlingen hat und in Hammelburg wohnt, kann um 11:20 Uhr am zentralen Busplatz in Hammelburg starten und ist eine Stunde und neun Minuten später in Nüdlingen. Das finde ich, bei aller Kritik am Nahverkehr im Landkreis, keine schlechte Alternative zum Beispiel zum Auto. Die Zeit im Bus weiß ich sinnvoll zu nutzen. Es ist auch nur wenige Minuten länger, als ich mit dem Rennrad für die Strecke gebraucht habe und ich wäre nicht so verschwitzt angekommen.
Details zu Verbesserung fallen mir auch ein. Nicht jeder wohnt neben dem Busbahnhof. Dort gibt es zwar hunderte Stellplätze für Autos, aber für Fahrräder keinen einzigen. Die App „Wohin Du willst“ hat für meine Suche am Sonntag kein Ergebnis geliefert, ich konnte aber für Samstag suchen und mich bis Sonntag durchwischen. Für die Rückfahrt hat der Trick leider nicht funktioniert. Aber es gibt ja noch bahn.de. Für die Rückfahrt haben wir fast stündliche Verbindungen. Allerdings 14:39,16:16,16:42. Ein fester Takt wäre leichter zu merken.

Als passionierter Radfahrer ist es für mich immer eine Alternative beim besten Winterwetter quer durch den Landkreis zu fahren. Wir haben mittlerweile auch ein ziemlich gutes Radwegenetz für so etwas. Leider endet das immer dort, wo sich Autos, Fußgänger Radfahrer den Platz teilen müssen. Hier sind die Prioritäten immer noch klar beim Auto. Ich komme wunderbar vom Hammelburger Ortsschild bis nach Garitz. Fast komplett auf Radwegen. Vorher bin ich aber durch die Rotkreuzstraße in Hammelburg gefahren (kein Spaß) und ab Garitz muss ich mich ständig entscheiden, wo ich denn nun als Radfahrer erwünscht bin. An einigen Stellen sind Radwege und Fußwege gemeinsam beschildert aber nicht einzeln gekennzeichnet. Die Wege enden plötzlich an Kreuzungen an denen dann kein Radweg mehr ausgeschildert ist. Ich würde mir wünschen, dass unserer Verkehrsplaner öfters mal zu Fuß, mit dem Rad und mit Bussen im Alltag (und nicht nur im Urlaub in Südtirol) unterwegs sind. Dann würden solche Sachen eher auffallen.

Wir werden auf absehbare Zeit in unserem ländlich geprägten Landkreis ohne motorisieren und individuellen Nahverkehr nicht auskommen. Wenn wir Familien den Zwang zum Zweitauto sparen, wäre schon viel gewonnen. Wenn wir Seniorinnen und Senioren abseits des Schienenstrangs eine verlässliche und regelmäßige Verbindung anbieten können, damit auch jemand aus Fuchsstadt in vertretbarer Zeit einen Facharzttermin in Bad Kissingen wahrnehmen kann, wäre schon viel gewonnen.

Der Landkreis entwickelt gerade ein Nahverkehrskonzept. Die Vorstellung des Zwischenstands durch die Projektplaner war sehr vielversprechend. Bei der Umsetzung sollen unbedingt auch die mit einbezogen werden, die im Alltag auf den ÖPNV, Fahrräder, die eigene Füße, Gehhilfen oder Rollstühle angewiesen sind. Vermutlich wird diese Bevölkerungsgruppe auch nach der nächsten Wahl nicht in großer Zahl im Kreistag sitzen. Eine konstruktive Bürger*innenbeteiligung auf Landkreisebene halte ich nur dann für realistisch wenn Manuela Rottmann die Wahl zur Landrätin gewinnt.

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